Montag, 18. November 2013

Santa Fé Nationalpark: Berge, Wasser, Ureinwohner



Wie schon im letzten Eintrag angekündigt, war ich in der vergangenen Woche im Nationalpark Santa Fe im Norden der Provinz Veraguas unterwegs. Anders als erst angenommen, fuhr ich jedoch erst am Mittwoch und nicht schon am Dienstag. Da kein Auto verfügbar war, hatte ich mir unnötig Stress mit dem Sachenpacken gemacht. So ist das hier in Panama: Wenn nicht heute, dann morgen vielleicht ;-)





Mittwoch morgens geht es dann endlich los. Zusammen mit dem Chef des Nationalparks und einigen Compañeros (Kollegen) machen wir uns in dem ziemlich neuen Pickup mit überdachter Ladefläche auf in Richtung Norden. Auf dem Weg aus der Stadt heraus lesen wir dann noch weitere Compañeros auf, sodass das Verhältnis der Mitfahrer<->Sitzplätze etwa 2,0 beträgt, wie nicht unüblich in Panama. Da die weiteren Passagiere jedoch auf der Ladefläche Platz nahmen, war das alles kein Problem.

Ort der anam-Station im erschlossenen Teil des Parkes
Nach etwa 2 Stunden Fahrt, die ich jedoch sinnvoller Weise mit Schlafen verbringe, erreichen wir den mit ca. 70.000 ha (fast soviel wie die Stadt Hamburg) recht großen Nationalpark in einem doch recht frischen Teil der Provinz. Der Park, dessen nördlichste Ausprägung keine 10 km vom Atlantik entfernt ist, grenzt im Osten an die Provinz Bocas del Toro bzw. die Comarca (Selbstverwaltungszone) des Indio-Stammes Ngäbe-Buglé und im Westen an Coclé.

Lediglich ein winzig kleiner Teil des Parkes im Südwesten ist durch eine relativ neue Straße überhaupt wegbar gemacht. Dort liegt auch Guabal, das einzige Dorf des Parkes. Der Rest ist nur sporadisch besiedelt und, außer mit dem Helikopter, eigentlich nur sehr schwer zu erreichen und weitgehend sich selbst überlassen.

Station der anam fúr den gesamten Park
Vom Ort "Santa Fé" aus geht es über die bereits erwähnte Straße etwa 15 km in den Park hinein. Einsam an der Serpentinenstraße gelegen mit einem einem netten Ausblick befindet sich die Station der anam. Dies ist wie in anderen Parks auch der Ausgangspunkt der Behörde, die hier im wöchentlichen Wechsel ein Team von 4-5 Personen vorhält, das sich um die Belange des Parkes kümmert. Touristen werden hier nicht beherbergt, wie etwa auf Coiba, sondern finden in Santa Fé eine Unterkunft, zum Beispiel bei der gemeinnützigen Organisation amiparque, die besonders in den Randgebieten des Naturschutzgebietes aktiv ist. Wenn ich es einrichten kann, möchte ich diesem Projekt auch noch einen Besuch abstatten und so nach Santa Fé zurückkehren.

Nach dem der Proviant an der Station abgeladen ist, fahren wir weiter in den bereits erwähnten Ort "Guabal". In der Schule, die Vormittags Primaria (Grundschule, 6 Schuljahre) und Nachmittags Secundaria (weiterführende Schule, weitere 6 Schuljahre) ist, halten zwei Kollegen einen Vortrag über Umweltverschmutzung und seine Folgen. Die extrem schüchternen Schulkinder lassen sich nur schwer zum Mitmachen bewegen. Es scheint, als wüssten einige nicht einmal, dass ihr Ort selbst Teil eines Nationalparkes ist.

so ruhig ist es in deutschen Klassenzimmern selten

Nach zweimaligem Vortrag sind wir fertig und begeben uns an den Kiosk, einem Treffpunkt des kleinen Ortes, um auf die Kollegen zu warten, die einen Ort weiter, in "Alto Ortiga" referierten. Da die Kollegen auf sich warten lassen, bleibt Zeit, sich den Ort ein wenig genauer anzusehen. Dabei fällt auf, dass die schöne neue Straße mitten im Ort einfach aufhört:

und ab hier Schotterpiste. Schwer vorzustellen, wie man noch vor ein paar Jahren die kompletten 20km zur nächsten Stadt mit Festnetz- und Busanbindung (Santa Fé-Stadt) auf ähnlichen Wegen zurücklegen musste
Nach 2 Stunden kamen die Kollegen dann auch endlich. Wir verbringen den restlichen Tag auf der Station. ich beende das Buch "Uhrmacher" von Andy Strauß, dessen Ende ich mir extra für Santa Fé aufgespart hatte. Komisches Buch, daher witzig. Nichts für Leute mit der Fähigkeit, sich Dinge sehr real vorzustellen und nicht mehr vergessen zu können.
7 Uhr - Die Sonne kommt hinter dem Berg hervor (HDR-Aufnahme)

Am Donnerstag geht es früh los. Um 6 aufstehen, Duschen. Das beste Wasser der Region (letztendlich auch das Wasser in Santiago) kommt aus Santa Fé. Aus dem Gebirge hier fließen Flüsse, die nur etwa 200m voneinander entfernt entspringen, in Atlantik bzw. Pazifik. Das gute Wasser ist jedoch noch etwas kälter als das in Santiago. Es gibt Frühstück mit traditioneller Yuca (auch als Maniok bekannt), der Knolle einer südamerikanischen Pflanze, die gekocht verzehrt wird. Das in Panama sehr beliebte Nahrungsmittel wird nicht meine Leibspeise werden, da es, je nach Frische und Art der Zubereitung, doch recht mehlig schmecken kann. Yuca macht aber schnell satt und man kommt nicht wirklich drum herum.

Gegen 8 Uhr machen zwei Kollegen, eine Praktikantin und ich sich dann auf den Weg zu einem "Sondero", was "Pfad" bedeutet. Dieser Wanderweg für Park-Wächter und auch Abenteuer-Touristen liegt in der Nähe der Station und soll heute abgegangen werden, um ihn mit der Machete freizuschneiden und nach Veränderungen der Flora zu sehen. An einem kleinen, aber sehr schnell fließenden, Fluss betreten wir den Pfad, der schon bald im Flussbett endet. Danach geht es mehr oder weniger improvisiert voran. Mal rechts, mal links des Flusslaufes, wandern wir flussaufwärts einen kleinen Berg hinauf. Auf dem Weg begegnen wir unter anderem diesen seltenen Pflanzen:

Mata Cangrejo (Krebsstrauch)  wird zu medizinischen Zwecken eingesetzt

Sámia - eine Palmenart, die nur in Panama und einem weiteren Land der Welt vorkommt

Fürs Wandern geboren: Hund Pinki
Die Stromschnellen verhindern ein Vorankommen in der Mitte des Flusses. Wir müssen immer häufiger auf die steilen Hänge rechts und links des Flusses ausweichen. Da der Boden durch den stetigen Regen (auch in der Trockenzeit hört dieser hier kaum auf) aufgeweicht ist, muss man sich vorsehen, nicht in den beizeiten 10m tiefer liegenden Fluss zu fallen. Wer sich erstaunlich leicht damit tat, den richtigen Weg zu finden, war der Hund (Pinki) der Station.

Compañero Lindo und Ich vor einem Mini-Wasserfall
An einer größeren Stromschnelle verlassen wir den Lauf des Flusses und steigen immer weiter einen Berg hinauf, der Weg wird anspruchsvoller. Beim Wiederabstieg auf der anderen Bergseite falle ich dann natürlich hin, da sich ein Stück sicher geglaubten Boden selbstständig machte. Ich rutsche einen Augenblick und kann mich dann fangen. Das Knie schmerzt. Es ist aber nur ein blauer Fleck, Glück gehabt. Es kann weiter gehen. Wir treten den Rückweg an und kommen an beeindruckend großen Bäumen vorbei, wie etwa dem Guayacan (siehe Bilder) oder dem Panama-Baum. Beide Spezies können etwa 50m hoch werden. und zeichnen sich durch eine breite Baumkrone aus, die beim Guayacan mit gelben Blüten geschmückt ist.
ein noch nicht ganz
ausgewachsener Guayacan
Der dichte Bewuchs des Waldes wird nur durch
 einen kleinen Fluss unterbrochen


Der Stamm des Guayakan

Mich fasziniert die unglaubliche Vitalität, die der Wald sowohl hier, als auch im Süden der Provinz besitzt. Quasi bis in die Baumkrone strotzt alles nur so vor lauter grün. Die (zumindest in der Regenzeit) tägliche Bewässerung macht das möglich.

Am Nachmittag bin ich dann bin Jorge mit dem Quad in die "Stadt", also nach Santa Fé mitgefahren. Die Strecke dahin hat es echt in sich: Steigung bzw. Gefälle von sicherlich mehr als 25%, Haarnadelkurven wie auf einer Rennstrecke und den Gegebenheiten angepasste Streckenführung.
Es wird stellenweise besser in Schrittgeschwindigkeit gefahren:
Die neue Straße des Parque Nacional Santa Fé (noch nicht bei GoogleMaps)

Wir kaufen Kaffee, Zucker und Eis, denn einen Kühlschrank gibt es auf der Station nicht und das US-Bier (Miller LITE) schmeckt nur kalt (zumindest einigermaßen) und auch dem Fleisch tut eine Lagerung bei Zimmertemperatur nicht gut.

George und Arne (in umgekehrter Reihenfolge)

Bergpanorama mit Quad


Auf dem Rückweg versuche ich, das Bergpanorama einigermaßen einzufangen. Das beste Bild gelingt mir allerdings erst am Freitag. Es ist sehr schwer, die gebotenen Eindrücke in Bildern auszudrücken, da ich von einem Punkt aus immer nur einen bestimmten Ausblick einfangen kann und mein Gesamteindruck, den man sich beim Durchfahren des Gebietes automatisch verschafft, allein in meinem Kopf gespeichert bleiben wird.

Am Abend läuft ein typischer Western-Streifen von DVD. Am Ende des Film sind fast alle Haupcharaktere erschossen, was man von dem Genre aber auch erwartet :)

Wieder ist der Abend kurz, weil es auch am kommenden Freitag früh raus geht. Um 6 Uhr werde ich geweckt. Nach dem Frühstück erfahre ich die Mission des Tages: Es soll der Weg vom Ort Guabal nach Alto Ortiga, einem noch abgelegeneren Dorf abgegangen bzw. kontrolliert werden. Außerdem sollen GPS-Punkte des Pfades gespeichert werden.

Wir machten uns also zunächst mit dem Quad auf zum Ort Guabal. Neben Jorge war auch Lindo, der Stationsälteste mit von der Partie. Er zeigte mir auf dem Weg einen Findling am Wegesrand, der mit Aufschriften von Indios versehen war:
Die Inschriften weisen auf den nahen Verlauf einer Route hin

Auf dem Weg bot sich, da wir zu dritt auf dem Quad natürlich noch vorsichtiger und langsamer unterwegs waren, endlich einmal die Möglichkeit, ordentliche Fotos der Berge zu machen.






In Guabal stellten wir dann das Quad ab und gingen zu Fuß weiter nach Alto Ortiga. Es gibt zwar eine mit dem Auto befahrbare asphaltfreie Route, wir wählten aber den 5km-Fußmarsch entlang des Río Calovebora. Der Weg führt uns vorbei an den Grundstücken vieler, die hier direkt am Fluss in bescheidenden Behausungen leben und Landwirtschaft in kleinem Umfang betreiben. Hier wachsen neben Kaffee auch zahlreiche traditionelle Bäume und Heilpflanzen. Mehreren wird eine aphrodisierende Wirkung sowie die Möglichkeit, Krebs zu heilen, zugesagt.
Lindo inspiziert die Kaffee-Ausbeute
Eine berüchtigte Heilpflanze, deren
 Name ich mir bei bestem Willen
 nicht merken konnte
























Neben der Aufzeichnungen der GPS-Daten konnten wir auch eine Umweltsünde feststellen. Ungenehmigt wurde direkt am viel frequentierten Wanderpfad ein seltener Baum gefällt.

Bereits am morgen hatte ich die GPS-Aufzeichnung auf meinem Handy eingeschaltet. Die folgende Karte soll ein wenig Aufschluss über die Region geben:


Anam - Station bis Alta Ortiga auf einer größeren Karte anzeigen

Der südliche Punkt ist die anam-Station. Der blaue Punkt ist der Ort "Guabal". Ganz im Norden liegt "Alto Ortiga". Die blaue Verbindungslinie entspricht dem zurückgelegten Weg mit Quad (1.Abschnitt) bzw. zu Fuß (2.Abschnitt). Mit der Ansicht "Karte" ist auch ein Teil des Flusses zu sehen. Die neue Straße durch das Berg-Paradies fehlt allerdings nach wie vor. Vielleicht können meine GPS-Daten da ja helfen. Für die 5 km von Guabal nach Ortiga brauchten wir zu Fuß etwa 1:20 h. Dann war Alto Ortiga erreicht:
Ein Fußballplatz bildet das Dorf-Zentrum,
 an dessen Ende die Schule zu erkennen ist
Auf dem Rückweg wurde deutlich, dass diese Region doch nach wie vor sehr ursprünglich lebt. Zum Einen kamen uns mit Lasten bepackte Pferde entgegen:


Proviant kann in Guabal beschafft werden,
danach geht es mit dem Pferd weiter
Zum Anderen tragen die Frauen des nahe lebenden Stammes Ngäbe (gesprochen: Nobe) stets die traditionelle Tracht:


Eine Ngäbe auf einer Brücke über den Rio Calovebora


Die Brücke auf dem Foto verbindet die beiden Provinzen Veraguas und Bocas del Toro miteinander. Ich konnte mir es natürlich nicht nehmen, für 2 Minuten einmal die Nachbarprovinz zu besuchen. Ich habe jetzt also schon den Boden von 5 von 10 Provinzen Panamas betreten :)

Am Abend wurde endlich das Bier, dass ich bereits am Mittwoch als Geschenk auf die Station mitbrachte, konsumiert. Aber wieder wurde der Abend nicht lang, da am Samstag der Festumzug im Ort Santa Fé stattfand und wir wieder - diesmal allerdings unnötig alle um 6 Uhr aufstanden. Da dieser Umzug wie alle anderen ablief, nicht mehr davon...will ja niemanden langweilen :)



Ausblick

Am Donnerstag werde ich wahrscheinlich noch einmal zum Playa Malena und in die angrenzende Region fahren. Das war der Ort, an dem Ich mit Schildkröten arbeitete (siehe hier).

Unabhängig davon steht weiterhin der Plan, mit Quiquito, dem Neffen meines Gastvaters, nach Costa Rica zu fahren für 4-5 Tage. Das wird wohl gegen Anfang nächster Woche der Fall sein. Außerdem wurde ich noch von zwei Bekannten nach Chiriquí, dem Ort des größten Vulkans Panamas, eingeladen. In der Region gibt es eine deutsche Minderheit, weshalb Deutsche da gerne willkommen sind.

Es bleiben also genug Möglichkeiten, meine Zeit sinnvoll zu nutzen. Mehr zu den Plänen gibt es dann, wenn sie konkret werden :-) Bis dahin - Hasta Luego und Danke für das regelmäßige Lesen meines Blogs. Ich habe bis jetzt schon über 3000 Seitenaufrufe verzeichnen können, aber da geht noch was...


Arne

2 Kommentare:

  1. Super interessant und toll, dass du so diszipliniert deinen Blog pflegst. Ich lese alles mit großem Interesse. Pass auf dich auf.

    Gruß, Dierk

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  2. Natürlich passe ich auf mich auf, Dierk ;-)

    Liebe Grüße ins kalte Deutschland :)

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